Die deutsche Schreibschrift

• Ursprung

• Schreibweise

• Leseübungen

• Anmerkung

Ursprung

Die deutsche Schreibschrift entstand aus den frühen Frakturschriften (lat. fraktur - Bruch), die bereits Johannes Gutenberg beim Druck des ersten Buches, der 42-zeiligen Bibel von 1455, benutzte. Einige Jahre später erschien dann die zweite gebrochene Schrift: Die Schwabacher (vermutlich nach dem Ort Schwabach bei Nürnberg benannt). Die eigentliche Fraktur-Schrift erschien schließlich 1517 und fand im deutschen Sprachraum, aufgrund ihrer feineren Buchstaben, eine weite Verbreitung. Die Frakturschriften (besonders die Fraktur und die Schwabacher) wurden nun ausschließlich beim Verfassen deutscher Texte benutzt. Dies brachte ihnen schließlich den Namen „deutsche Schrift” ein.

Als eine der ersten deutschen Schreibschriften gelten die die Kurrent (lat. currere - laufen) und die Kanzlei (Cantzeley). Diese Schriften fanden ihre Anwendung bis Anfang des 20. Jahrhunderts und wurden schließlich von der Sütterlin abgelöst. Die Sütterlin ist im Gegensatz zu den früheren Schriften keine Schönschrift, sondern eine Lernschrift. Dies äußert sich besonderes in ihrem Äußeren: Die Strichbreite ist konstant, Schmuckelemente fehlen und auch die Buchstaben sind auf das Notwendigste reduziert - am Auffälligsten ist aber, daß die Buchstaben nicht geneigt sind, sondern starr nach oben zeigen. Diese Eigenschaften sollen dem Anfänger das Erlernen der Schrift vereinfachen.

Die hier gezeigten Schriftbeispiele sind durch ihre bessere Lesbarkeit ebenfalls mit der Sütterlin verfaßt worden.

Die Sütterlin-Schrift wurde von dem Berliner Grafiker L. Sütterlin (1865-1917) entworfen und ist 1924 zunächst in Preußen, später auch in den anderen deutschen Ländern als verbindliche Schreibschrift eingeführt worden.

Das offizielle Ende der deutschen Schrift geht auf eine Anordnung vom 03. Januar 1941 zurück. In dieser Anordnung vom Reichsleiter der NSDAP, Martin Bormann, wird die „sogenannte gotische Schrift” als „Schwabacher Judenlettern” bezeichnet. Ein Verbot der deutschen Schrift und des Frakturdruckes waren die Folge. Die lateinische Schrift wird seitdem in den Schulen gelehrt und wurde als Standardschrift im täglichen Leben eingeführt.

Die Verunglimpfung der deutschen Schrift wurde auch schon auf dem Reichsparteitag 1934 deutlich. Adolf Hitler selbst sprach sich gegen die „gotische Schrift” aus. Die Vermengung der Begriffe „gotisch”, „Schwabacher” und „Judenlettern” zeigt, daß es gerade Hitlers Unkenntnis war, daß dem Verbot der deutschen Schrift den Weg ebnete.

Die deutsche Schreibschrift und mit ihr alle Frakturschriften verschwanden bis heute aus dem öffentlichen Leben. Ein Verbot der Frakturschriften gibt es sicherlich nicht mehr, jedoch es wird auch nichts mehr für diese - unsere - Schrift getan. Was für andere Völker, wie den Chinesen, den Arabern, den Grichen oder auch den Russen, selbstverständlich ist, nämlich sich ihre eigene Schrift und damit ihr überliefertes Kulturgut zu bewahren, so wenig setzen sich deutsche Politiker für die von den Nazis verbotene deutsche Schrift ein.

Gelegentlich begegnet uns heute noch die Frakturschrift, allerdings häufig fehlerhaft, auf Plakaten oder Speisekarten. »Diese Schrift sieht eben so schön nostalgisch aus...« Allerdings findet man sie auch auf politischen Plakaten und anderen Druckerzeugnissen rechter Organisationen, da in den letzten Jahren diese Schrift in Unkenntnis als „Nazischrift” abgestempelt worden ist...

Schreibweise

a) Die Übersicht der deutschen Schriftzeichen

b) Die Besonderheiten - der Buchstabe „s”

•  Die deutsche Schrift besitzt zur besseren Lesbarkeit zwei unterschiedliche „s”
- das Endungs-„s” (heißt rundes „s”) -
- das normale „s” (heißt langes „s”) -
•  Das lange „s” steht im Wortinneren.
•  Das runde „s” steht nur am Ende eines Wortes oder am Ende einer Silbe. Das runde „s” kann nicht doppelt stehen.
•  Steht am Wortende oder am Ende einer Silbe ein doppeltes „s”, so wird weiterhin ein „ß” geschrieben.
•  Das „ß” ist eine Zusammensetzung (Ligatur) aus einem langen „s” und einem hochgestellten „s” -

Beispiele:

am Wortende:

im Wort:

am Ende einer Silbe:

c) Bessere Lesbarkeit

Was dem ungeübten Leser wahrscheinlich schwer fällt zu verstehen, ist die Tatsache, daß die deutsche Schrift bzw. die Fraktur in einigen Punkten besser lesbar und verständlicher ist, als es beispielsweise die heute verwendete lateinische Schrift ist.

Dies ergibt sich daraus, daß mehrere Buchstaben Ober- und Unterlängen haben. Damit ragen sie auffälliger aus dem Buchstabenverband heraus und werden so schneller vom Betrachter erfaßt. Das spezielle Endungs-„s” zeigt auffällig das Ende eines Wortes oder einer Silbe an. Die Wörter können durch Fraktur/deutsche Schrift deutlich besser wiedergegeben werden. Verwechslungen wie in der lateinischen Schrift fallen weg.

Beispiele:

Ist in den Wörtern „Wachstube” oder „Versendung” der Sinn auf den ersten Blick sofort erkennbar?

In der deutschen Schrift ist der Sinn klar wiedergegeben:

oder

oder

Bei dem ersten Beispiel handelt es sich entweder um eine Stube für Wachsoldaten oder um eine Tube mit Wachs.

Bei dem zweiten Beispiel ist von einer Postsendung die Rede bzw. von der Endung eines Verses.

Leseübungen

Leseübung Nostradamus - 35. Vers
Leseübung Auszug aus Goethes Faust I. Teil, Studienzimmer
Leseübung Aussage von Bismarck über Deutschland als Kolonialmacht, 1888
Leseübung aus einem preußischen Schulbuch von 1910
Leseübung Feldpostbrief, Ostfront 1942
Leseübung Vierzeiler von Heinz Erhardt

Anmerkung

Diese Seite basiert auf den Richtlinien der traditionellen Rechtschreibung und den Vereinheitlichungen der „Zweiten Orthographischen Konferenz” (1901). Der Deutsche Osten hat sich für die traditionelle Rechtschreibung entschieden, da es sich dabei um die Schreibregeln handelt, die damals - als die Deutsche Schrift noch im täglichen Leben benutzt wurde - gültig waren.

Die Neue Rechtschreibreform von 2006 ist besonders durch die Änderungen in Bezug auf die s-Laute problematisch und kann nicht allgemeingültig befürwortet oder abgelehnt werden. Ob und inwieweit die Deutsche Schrift nach der Neuen Rechtschreibung angewandt werden kann und sollte, ist auch nicht Gegenstand dieser Seite. Vielmehr sollte es das Ziel sein, die Deutsche Schrift wieder näher in den Mittelpunkt unseres Schriftwesens zu rücken.

Die hier gezeigten Beispiele wurden zur besseren Lesbarkeit mit der Sütterlin-Schrift geschrieben. Die Leseübungen sind teilweise auch mit der Kurrent verfaßt.